Hintergrund des Comics
Als Kind hab ich geglaubt es gibt auf der Welt nur eine Sprache. Ich habe gedacht alle reden so wie ich, meine Familie und die anderen Kinder im Kindergarten. Ich habe auch angenommen Sprache wäre nicht über Jahre gewachsen, also besser gesagt ich wäre nie auf die Idee gekommen den betonfesten, unveränderlichen Charakter der Sprache anzuzweifeln.
Nach und nach ist mir aufgegangen dass nicht alle Berlinerisch sprechen, dass nicht alle Deutsch sprechen und dass sich meine Muttersprache im Laufe von Jahrhunderten entwickelt hat. Es gibt nicht nur eine Sprache und Sprachen verändern sich.
Das Comic war 2012 Teil der 8. Comiccollab von Schlogger „Dinge die wir als Kind geglaubt haben“ und beschreibt geschlechtsneutrale Pronomen ähnlich denen, die im Englischen schon seit einigen Jahren erfolgreich in Umlauf sind. Die habe mir in meiner Muttersprache bisher gefehlt. Mehr Infos zu den Pronomen ohne Geschlecht gibts auf der Pronomenübersichtseite. Unter dem visuellen Comic gibt es eine rein textbasierte Version des Comics, Screenreadable Comic Version.
Visuelle Version des Comics
Transkription des Comics in reinen Text
Xier
Minicomic 11
Die Weinbergschnecke hat ihren Kopf erhoben und dreht ihn nach rechts. Xies Gehäuse ist rechtsherum gewunden.
Xier erblickt hinter einigen Salatköpfen eine zweite Schnecke mit links gewundenem Gehäuse und sagt: „Xier da hinten ist auch eine Weinbergschnecke. Angesichts xieser komme ich ins Träumen.“
Ganz nah an unserer ersten Weinbergschnecke sind xiese weit aufgerissenen Augen gut zu sehen. Xier fährt fort:“Ohne xien kann ich mir das Beet nicht mehr vorstellen. Das Besondere an xiem sind die Windungen xieses Schneckenhauses. Sie verlaufen links herum. Xier ist eine Königsschnecke. Links gängige Gehäuse wie xieses gibt es nur einmal in zehntausend.“
Die Königsschnecke frisst Salat auf dem Beet, an dem mit vier Markierungstafeln gesteckt sind: auf der ersten Tafel steht das Fragewort wer und die Endung -r, auf der zweiten Wessen und -ser, auf der dritten wem und -m, auf der vierten wen und -n. Drei Schnecken mit rechts gewundenen Gehäuse kriechen vorbei.
Man hört die erste Schnecke sagen: „Xier, xieser, xiem und xien sind geschlechtsneutrale Personalpronomen. Eines für jeden der 4 Fälle. Sie sind sinnvoll, nicht nur für Weinbergschnecken, die ohnehin keine unterschiedlichen Geschlechter haben, weder biologisch noch sozial konstruiert.“
Xier fährt fort:“Wenn nicht klar ist um welches Geschlecht es geht, wird oft der sogenannte generische Maskulin benutzt. Daraus folgen oft sexistische Auswirkungen im Verständnis. Da sind geschlechtsneutrale Pronomen besser geeignet.“
Am Ende des Gartens steht ein Schwarzes Brett mit folgendem Anschlag: „Hilfe im Garten gesucht! Xier sollte Salat
von Unkraut und Schnecken von Ungeziefer unterscheiden können.“
Andererseits haben Menschen, die zwischen den Geschlechtern stehen, mit diesen Pronomen eine Alter-native für die Selbstbezeichnung. Aber auch hier gilt nachfragen und respektieren.
Unsere Schnecke kriecht über ein Stück Holz und sieht zwei Schnecken auf Blättern sich Bauch an Bauch umarmen.
Das x (Iks) am Anfang der Pronomen kann als * , also ausgeschrieben Stern, angesehen werden, der für eine Vielfalt von möglichen Zuordnungen steht.
Illi Anna Heger 2012-2020
Es gibt noch mehr Minicomics.
6 Gedanken zu „Minicomic 11 : Xier“