Hintergrund des Workshops
„Pronomen ohne Geschlecht“ ist ein Workshop mit Illi Anna Heger für FLINTA* und Geschlechtergerechtigkeit, ein ASTA der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn.
Ankündigung
Die allermeisten Pronomen sind neutral, aber in der Dritten Person müssen wir auswählen. Welche anderen Optionen gibt es für Menschen für die weder „sie“ noch „er“ funktioniert? Da ist eine Lücke in der deutschen Sprache. Illi Anna Heger entwickelt seit 2008 Neopronomen wie xier, eine Möglichkeit diese Lücke zu füllen. Im Workshop von Illi geht es nicht nur um die Entstehung deutscher Neopronomen, sondern auch um ihre Verbreitung. Nichtbinäre Subkulturen, Menschen die aus dem Englischen übersetzen, Streamingdienste wie Netflix und letztlich auch Shit-Storms auf Social Media haben zur Verbreitung von Wissen über Neopronomen beigetragen. Für wen sind Neopronomen? Was ist mit der Vermeidung gegenderter Pronomen? Welche Rolle spielt das Englische mit seinem 500 Jahre alten singular they?
Wann? 31.05.23 18:00 Uhr
Wo? Online über Zoom
Sprache: Deutsche gesprochene Sprache
Zeitplan
- Einführung
- kurzer Input
- Gespräch mit Illi Anna Heger
- Workshop mit den unten stehenden Texten
- offene Fragerunde an Illi
Neopronomen
Personalpronomen: wer/wem/wen und Possessivpronomen: wessen
- sie/ihr/sie ihr.. (Endungen passen sich an)
- er/ihm/ihn sein.. (Endungen passen sich an)
- sier/siem/sien sies.. (Endungen wie bei sein.. und ihre..)
- xier/xiem/xien xies.. (Endungen wie bei sein.. und ihre..) Beispielsätze für xier, sier, sie und er
- dey//demm/demm (oder nur dey) deren (verändert seine Endung nicht) Beispielsätze für dey
- they/them/them (oder nur they) their (unverändert oder mit Endungen wie bei sein.. und ihr..) Beispielsätze für they
- hen/ham/han (oder nur hen) hyn (unverändert oder mit Endungen wie bei sein.. und ihr..) Beispielsätze für hen
Linkliste
Übersichtseite zu Pronomen auf Illi’s Webseite: annaheger.de/pronomen
Beispiele der Verwendung von xier und sier: annaheger.de/pronomentexte
Beispiele der Verwendung von dey: de.pronouns.page/dey
Presse/Erwähnungen der xier Pronomen: annaheger.de/pronomenpresse
Übersicht über viele verschiedene Alternativen zu sie und er: nibi.space/pronomen
Artikel zum Übersetzen von singular they in Filmen: annaheger.de/darunterdarueber
Vorlesetexte
Ein Text zum Ausprobieren alternativer Pronomen.
Text 1 mit xier: Das tapfere Schneiderlein und das Einhorn
aus Das tapfere Schneiderlein, von Jacob und Wilhelm Grimm, via Projekt Gutenberg, Auszug, angepasst von Illi Anna Heger
[…]
»Ehe du mein Kind und das halbe Reich erhältst«, sprach der König zu xiem, »musst du noch eine Held*innentat vollbringen. Im Wald läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet. Das musst du erst einfangen.« »Vor einem Einhorn fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen; sieben auf einen Streich, das ist meine Sache.« Xier nahm sich xiesen Strick und xiese Axt und ging hinaus in den Wald. Xier brauchte nicht lange zu suchen, das Einhorn kam bald daher und sprang geradezu auf das Schneiderlein los, als wollte es xien ohne Umstände aufspießen. »Sachte, sachte«, sprach xier, »so geschwind geht das nicht«, blieb stehen und wartete, bis das Tier ganz nahe war, dann sprang xier hinter einen Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm, dass es nicht Kraft genug hatte, es wieder herauszuziehen, und so war es gefangen. »Jetzt hab ich das Vöglein«, sagte das Schneiderlein, kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn xiesen Strick erst um den Hals, dann hieb xier mit xieser Axt das Horn aus dem Baum, und als alles in Ordnung war, führte xier das Einhorn ab und brachte es dem König. Der König wollte xiem xiesen Lohn doch nicht gewähren und machte noch eine dritte Forderung.
[…]
Text 2 mit dey: Das tapfere Schneiderlein und das Einhorn
aus Das tapfere Schneiderlein, von Jacob und Wilhelm Grimm, via Projekt Gutenberg, Auszug, angepasst von Illi Anna Heger
[…]
»Ehe du mein Kind und das halbe Reich erhältst«, sprach der König zu demm, »musst du noch eine Held*innentat vollbringen. Im Wald läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet. Das musst du erst einfangen.« »Vor einem Einhorn fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen; sieben auf einen Streich, das ist meine Sache.« Dey nahm sich deren Strick und deren Axt und ging hinaus in den Wald. Dey brauchte nicht lange zu suchen, das Einhorn kam bald daher und sprang geradezu auf das Schneiderlein los, als wollte es demm ohne Umstände aufspießen. »Sachte, sachte«, sprach Dey, »so geschwind geht das nicht«, blieb stehen und wartete, bis das Tier ganz nahe war, dann sprang dey hinter einen Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm, dass es nicht Kraft genug hatte, es wieder herauszuziehen, und so war es gefangen. »Jetzt hab ich das Vöglein«, sagte das Schneiderlein, kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn deren Strick erst um den Hals, dann hieb dey mit deren Axt das Horn aus dem Baum, und als alles in Ordnung war, führte dey das Einhorn ab und brachte es dem König. Der König wollte demm deren Lohn doch nicht gewähren und machte noch eine dritte Forderung.
[…]
Text 3 mit er: Das tapfere Schneiderlein und das Einhorn
aus Das tapfere Schneiderlein, von Jacob und Wilhelm Grimm, via Projekt Gutenberg, Auszug, angepasst von Illi Anna Heger
[…]
»Ehe du mein Kind und das halbe Reich erhältst«, sprach der König zu ihm, »musst du noch eine Held*innentat vollbringen. Im Wald läuft ein Einhorn, das großen Schaden anrichtet. Das musst du erst einfangen.« »Vor einem Einhorn fürchte ich mich noch weniger als vor zwei Riesen; sieben auf einen Streich, das ist meine Sache.« Er nahm sich seinen Strick und seine Axt und ging hinaus in den Wald. Er brauchte nicht lange zu suchen, das Einhorn kam bald daher und sprang geradezu auf das Schneiderlein los, als wollte es ihn ohne Umstände aufspießen. »Sachte, sachte«, sprach Er, »so geschwind geht das nicht«, blieb stehen und wartete, bis das Tier ganz nahe war, dann sprang er hinter einen Baum. Das Einhorn rannte mit aller Kraft gegen den Baum und spießte sein Horn so fest in den Stamm, dass es nicht Kraft genug hatte, es wieder herauszuziehen, und so war es gefangen. »Jetzt hab ich das Vöglein«, sagte das Schneiderlein, kam hinter dem Baum hervor, legte dem Einhorn seinen Strick erst um den Hals, dann hieb er mit seiner Axt das Horn aus dem Baum, und als alles in Ordnung war, führte er das Einhorn ab und brachte es dem König. Der König wollte ihm seinen Lohn doch nicht gewähren und machte noch eine dritte Forderung.
[…]
Text 4 mit er: Schnudri und das Einhorn
aus Neid, von Ernst von Wildenbruch, via Projekt Gutenberg
[…]
Und das Alles hatte sich der Ältere ausgedacht. Immer fuhr er mit dem kleinen Bruder durch die weite Welt, immerfort erzählte er ihm, und alles, was er erzählte, stand ihm immer ganz leibhaftig vor Augen.
Und jedesmal, wenn der Schnudri das hörte, wurde er ganz schwach vor Lachen und drückte seinen Kopf und sein Gesicht an seinen Bruder und stöhnte zuletzt, weil er nicht mehr lachen konnte: »Oh – oh – oh!«
Und jedesmal, wenn der Kleine von dem Einhorn hörte, machte er ganz große Augen und hörte ganz lautlos zu. Und der Bruder beschrieb es ihm dann so genau, als hätte er es eben erst gesehen: »Das ist ein Tier ungefähr wie ein Pferd und ganz weiß. Aber nicht wie ein Schimmel so weiß, sondern viel weißer noch, wie es sich gar nicht beschreiben lässt. Auf der Stirn hat es ein Horn, aber nicht ein so krummes wie das Nashorn eins hat, sondern ganz grade und lang und so spitz wie eine Lanze. Von seinen vier Hufen ist der eine von Gold, der andere von Silber, der dritte ist so schwarz wie eine Steinkohle und der vierte wie einer von den blauen Steinen, wie Mama welche um den Hals trägt.« Unsere Mutter trug nämlich einen Halsschmuck von Amethysten.
Und das Alles sich auszudenken und zu erzählen, machte dem Bruder solches Vergnügen, dass er oft gar nicht aufhören konnte und es manchmal beinahe schon dunkel war, dass sie nach Hause kamen. Und mit dem Allen, was er gehört hatte, war der Kleine dann immer so vollgeladen, dass er es gar nicht aushielt und alles gleich jemandem weiter erzählen musste. Das war dann gewöhnlich seine Mutter. Auf die lief er mit ausgebreiteten Armen zu und prustete vor Lachen.
Und weil die Mutter sich immer freute, wenn der Kleine vergnügt war, nahm sie ihn dann manchmal auf den Schoß und ließ sich noch mehr von ihm erzählen, und wenn sie dann hörte, was sich ihr Ältester alles ausgedacht hatte, schüttelte sie manchmal leise den Kopf und sah sich nach ihm um und lächelte. Das war dann jedesmal so merkwürdig anzusehen, halb traurig, halb freudig, aber alles zusammen so sanft, so schön, so – so – Aber einmal wieder, als der Schnudri auf ihrem Schoße saß und ihr gerade erzählte, was er von dem Einhorn gehört hatte, da erschien sein Vater auf der Schwelle von seinem Arbeitszimmer. Es hatte ihn niemand kommen sehen, und erst als er plötzlich sagte: »Von wem hast Du denn all‘ das dumme Zeug?« da merkten wir, dass er da war.
Alsdann, wie der Kleine stumm wurde, wie er das immer wurde, wenn sein Vater zu ihm sprach, fasste er ihn wieder unters Kinn und sagte: »Wer hat Dir denn das Alles erzählt, Schnudri?« Darauf drehte der Schnudri ganz ängstlich das Gesicht zu dem Bruder herum, und sein Vater zuckte die Achseln, sagte er darauf zu dem anderen, »daß Du Deinem kleinen Bruder solchen Unsinn erzählst! Besser, als dass Du Dich mit Einhörnern und solchem Zeug abgibst, wäre es, wenn Du Dich mit Deinen Rechenaufgaben beschäftigtest. Deine Zensur im Rechnen und Mathematik ist wieder einmal miserabel ausgefallen.«